Wer auch schon viel mit der Hand genäht hat, kennt bestimmt die Technik des Hohlsaums. An Tischdecken findet sich diese Nähtechnik besonders oft. Als Handarbeit ein eher langwieriger (aber erfüllender) Prozess, erreicht man eine ähnliche Optik aber auch mit der Nähmaschine.
Hierfür gibt es für BERNINA Nähmaschinen die Spanische Hohlsaumvorrichtung Nr. 47.
Wie dieses Zubehörteil montiert und benutzt wird, zeigen wir Ihnen hier und dazu natürlich auch ein paar Beispiele, wie Sie diese Naht gekonnt in Szene setzen können.
Die Spanische Hohlsaumvorrichtung Nr. 47
Im Lieferumfang enthalten: Ein Befestigungsblech mit Schraube, ein passender Schraubendreher und vier Abstandshalter, bzw. Kordelführungen.
Die vier Kordelführungen sehen auf den ersten Blick gleich aus, sind aber einfach zu unterscheiden. Von oben betrachtet ist die Breite gut erkennbar. Die schmalen Teile sind für 5,5 mm Stichbreite gedacht, die breiten für 9 mm. Sollten Sie eine BERNINA mit 9 mm Stichbreite besitzen, können Sie die schmalen Führungen trotzdem benutzen. Stellen Sie zur Sicherheit dann allerdings Ihre Maschine auf die 5,5 mm Stichplatte ein (auch wenn Sie sie nicht benutzen). Für ein optimales Ergebnis sorgt der passende Nähfuß Nr. 20.
Von der Seite betrachtet ist auch gut erkennbar, welche Führung für dünne und welche für dicke Stoffe vorgesehen ist. Achten Sie auf den Abstand zwischen der Unterkante und der gebogenen Kante darüber. Wählen Sie die passende Führung nach dem gesäumten Stoff aus, nicht nach einer einzelnen Lage. Je nachdem, wie oft Sie die Stoffkante einschlagen, kann es doch sein, dass Sie das Teil für dickere Stoffe brauchen, obwohl der Stoff an sich dünn ist.
Wird Ihr Projekt schlecht transportiert und verschiebt sich die Kante, kann es an der falschen Kordelführung liegen.
Die Montage
Wenn Sie die geeignete Kordelführung ausgesucht haben, wird sie in das Befestigungsblech eingesetzt.
Der Stift an der Kordelführung muss in den Schlitz des Befestigungsblechs im hinteren Bereich eingesetzt werden.
Dann wird die Kordelführung nach vorne geschoben.
Nun sitzt die Führung fest auf dem Befestigungsblech.
Im linken Loch wird die Schraube montiert.
Fertig!
Nähen mit der Hohlsaumvorrichtung
Nicht jeder Stich ist für einen Hohlsaum geeignet. Nähen Sie ohne Kordel, sollte die Nadel nur rechts und links in die Stoffkanten einstechen. Beim Nähen mit Kordel sind Stiche geeignet, die sowohl außen, als auch in der Mitte einstechen. So wird die Kordel gut fixiert. Um die Stoffkante zu treffen, benötigen Sie die maximale Stichbreite.
Da die Stoffkante nicht versäubert wird, müssen Sie die zwei Stoffteile, die Sie verbinden möchten, vorher versäubern. Wie Sie die Stoffkante versäubern, bleibt Ihnen überlassen. Mit einer stabilen Kante lässt sich der Hohlsaum jedoch schöner nähen. Unser Beispiel ist im Bruch gebügelt. Mit einem 6 mm Säumer erreichen Sie ebenfalls eine stabile Kante.
Es empfiehlt sich, beim Hohlsaumnähen an der seitlichen Stoffkante mit einer großzügigen Nahtzugabe zu arbeiten, so können eventuelle Unebenheiten bei mehreren Stoffbahnen noch ausgeglichen werden.
Hier haben wir eine schmale Kordelführung montiert.
Holen Sie zuerst den Unterfaden hoch und aktivieren Sie die Vernähfunktion. Legen Sie die beiden Stoffstücke seitlich an die Kordelführung und unter den Nähfuß. Dabei sollte der Stoff bis zum Ende des Nähfußes reichen, nur so gelingt der Stofftransport von Anfang an.
Dann müssen Sie nur noch nähen. Führen Sie den Stoff seitlich, aber vermeiden Sie Schieben und Ziehen. Am Ende der Naht vernähen Sie den Faden, fertig.
So sieht der genähte Hohlsaum dann aus. Hier sehen Sie den Stich Nr. 10 aus dem Nutzstichmenü.
Hohlsaum mit Kordel
Mit Kordel ist der Ablauf fast gleich. Sie müssen nur am Nahtanfang die Kordel in die Führung und bis unter den Nähfuß schieben.
Eine 2 mm starke Kordel füllt die Lücke bei der 5,5 mm-Führung passend aus. In diesem Fall wurde mit dem Stich Nr. 12 aus dem Nutzstichmenü genäht und die Kordel ist fest mit dem Stoff verbunden.
Probleme beim Hohlsaum?
Uns sind beim Hohlsaum zwei Arten von Problemen aufgefallen.
Der Stoff rutscht weg oder verzieht sich
Verstärken Sie weiche oder dünne Stoffe mit ODIF Fabric Booster, ehe Sie den Rand vorbereiten. Oder bügeln Sie Vlies bis an die Umbruchkante ein. Da die Fläche zum Transport relativ klein ist, machen sich selbst kleine Probleme schnell bemerkbar. Ist die Kante schon versäubert und trotzdem nicht stabil genug, schneiden Sie sich aus selbstklebendem, wasserlöslichem Stickvlies schmale Streifen. Diese können Sie von unten an die Kante kleben.
Diese Probleme treten auch auf, wenn Sie die schmale Führung mit dem breiten Nähfuß kombinieren. Dann sollten Sie das jeweils passende Zubehör benutzen.
Die zwei Teile werden unterschiedlich transportiert
Verbinden sie lange Stoffstücke miteinander, sollten Sie ca. alle 10 cm eine Markierung setzen, die beim Nähen aufeinandertreffen sollte.
Manchmal verzieht sich die Naht aber, weil eine Seite anscheinend schneller transportiert wird, als die andere. Dieses Problem entsteht durch Rückwärtsstiche. Je nachdem, auf welcher Stoffseite mehr Rückwärtsstiche ausgeführt werden und wie lang diese Stiche sind, entsteht ein Versatz.
Stimmen die Markierungen nicht überein, können Sie das über das Richtungsnähen ausgleichen. Bei unserer Probenaht wurde die rechte Seite schneller transportiert. Um das auszugleichen, haben wir die Änderungen wie im Bild gezeigt vorgenommen.
Sie stellen also den Strich des Richtungsnähens auf die Seite, die zu stark transportiert wird.
WICHTIG:
Stellen Sie nicht während des Nähens etwas an der Richtung ein! So wird sich die Stoffkante verziehen. Ermitteln Sie die Problemseite immer vorher anhand einer Probenaht. Ändern Sie den Wert nicht um mehr als drei Grad. Es hört sich wenig an, reicht aber fast immer aus, um die Differenz auszugleichen.
Sollte die Probenaht vorher gepasst haben und das Problem tritt erst gegen Ende der Naht auf, können Sie kleine Unterschiede auch dadurch ausgleichen, dass Sie eine Stoffseite vor dem Nähfuß immer etwas bremsen.
Anwendungsbeispiele
Hohlsaum klassisch
Wir haben mit der Hohlsaumvorrichtung verschiedene Vasenüberzüge genäht. So können die Gläser als Vasen oder auch als Windlichter benutzt werden.
Zum Teil wurde der Hohlsaum mit Zierstichen kombiniert, die mit der Wingnadel genäht wurden. Auch hierzu werden Sie demnächst einen Beitrag auf dem Nähratgeber finden.
Beim mittleren Glas wurde feinder Aida-Stoff mit MADEIRA No. 35 (als Ober- und Unterfaden) verwendet.
Beim kleinsten Glas handelt es sich um normale Baumwollwebware, die mit MADEIRA No. 120 zusammengenäht wurde.
Hohlsaum an Jersey
Ja, auch das geht. Der Jersey muss nur etwas vorbereitet werden. Grundsätzlich ist es ratsam, die Stoffkante mit ODIF Fabric booster zu verstärken, vor allem bei Viskose- oder Modaljersey.
Diesen Viskosejersey von Stoff & Liebe mit angeschnittenen Ärmeln haben wir mit der Hohlsaumnaht zusammengesetzt. Der Zierstich wurde dabei mit METTLER Isacord Stickgarn genäht.
Festere Baumwolljerseys brauchen keine Vorbehandlung mit ODIF Fabric booster. Der blaue Jersey wurde mit der schmalen Kordelführung zusammengenäht.
Und so haben wir den Jersey verarbeitet
Das Top hat eigentlich ein im Bruch zugeschnittenes Rückenteil. Dies wurde einzeln zugeschnitten mit einer Nahtzugabe von 16 mm an der Mitte. Wir haben dann von rechts PRYM Wondertape aufgeklebt.
Dann wurde die Stoffkante zwei mal nach links eingeschlagen und festgedrückt. So ensteht eine schmale Kante.
Diese lässt sich nun mit dem Nähfuß Nr. 20 C von links absteppen.
So lässt sich auch Jersey mit dem Hohlsaum verbinden. Hier wurden, wie oben gezeigt, Markierungen zur Kontrolle gesetzt und das Richtungsnähen als Ausgleich genutzt.
Das fertige Rückenteil.
Andere Materialien und Möglichkeiten
Auch Kunstleder lässt sich mit der Hohlsaumvorrichtung schön flach zusammennähen.
Hier wurde mit der schmalen Kordelführung und dem breiten Nähfuß genäht. So sind beide Teile mit einem dekorativen Satinstich verbunden.
Gleicher Stich in zwei Varianten. Beide Nähte mit der schmalen Kordelführung, aber einmal mit dem Fuß für 5,5 mm und einmal mit 9 mm Stichbreite.
Das gilt natürlich auch für Filz.
Auch hier wurde die schmale Kordelführung verwendet und der breite Fuß. Beim dunkelblauen Garn wurde allerdings nicht die volle Stichbreite genutzt. Das weiße Garn ist wieder MADEIRA No. 35.
Der graue Filz wurde mit der breiten Kordelführung und mit MADERIA No. 35 zusammengenäht.
Die gelbe Kordel wurde direkt durch die schmale Kordelführung mit vernäht. Rechts im Bild mit 9 mm Stichbreite, links mit 5,5 mm. Kordeln und Bänder, die nicht durch die Führung passen, können einfach nachträglich noch eingezogen werden.
Die Verwendungsmöglichkeiten der Hohlsaumvorrichtung sind nicht nur auf Weißstickerei begrenzt.