Nähgarn Stickgarn nähen sticken

Nähen mit Stickgarn?

Darf ich auch mit Stickgarn nähen? Darf ich auch mit Nähgarn sticken? Was denken Sie? Aber natürlich dürfen Sie das! Sie dürfen sogar mit Overlockgarn sticken!

Qualtitativ hochwertiges Garn kann für viele Zecke eingesetzt werden. Klar gibt es Spezialisten (Reißfeste Garne, Bauschgarne), aber wenn man von einem normal verzwirnten Garn ausgeht, ist viel möglich.

Wenn Sie sich die Produktbeschreibung der Garne anschauen, finden Sie oft auch Hinweise auf die weitere Verwendung. Der Name des Garns weist dabei auf die hauptsächlich geplante Anwendung hin, mehr nicht.

Man könnte es gut mit Autoreifen vergleichen. Man kann auch mit Winterreifen im Sommer fahren oder mit Allwetterreifen im Winter. Theoretisch auch mit Sommerreifen im Winter, aber das ist nicht erlaubt und hat auch seinen Grund: Es ist einfach eine Unfallgefahr.

Ähnlich ist es bei Garnen. Es gibt Garne, die als universell einsetzbar bezeichnet werden und Garne mit bestimmter Bezeichnung. Fast alle können für alle Näh- und Stickarbeiten eingesetzt werden, aber in manchen Fällen wäre ein Spezialist besser geeignet. Und manches geht gar nicht.

Wir haben hier unsere Informationen für Sie zusammengetragen, mit denen Sie hinterher selbst entscheiden können, was sinnvoll ist und was nicht. Und was eben gar nicht geht, was Sie aber nach diesem Beitrag ohnehin selbst ganz gut beurteilen können. Das soll Sie aber nicht davon abhalten, selbst etwas zu versuchen. Im Gegensatz zum Autoreifen ist die maximale Gefahr, dass Ihr Werk nicht dem entspricht, was Sie erwarten.

Das Material

Polyester

Polyester ist das Ausgangsmaterial für viele Garne, ob Näh-, Stick- oder Overlockgarn. Es sorgt für eine hohe Reißfestigkeit und dauerhafte Farbbrillanz. Ist Ihr Stickgarn aus Polyester, können Sie bedenkenlos damit nähen, overlocken oder covern. Da Stickgarne in der Regel aber dünner sind als Nähgarne, kann es sein, dass Sie die Fadenspannung an der Overlock oder Cover anpassen müssen. An der Nähmaschine kommt es auf den Unterfaden an. Spulen Sie das Stickgarn auch als Unterfaden auf, ändern sich die Spannungseinstellungen meistens nicht.

Viskose

Viskose oder Rayon ist weniger reißfest als Polyester, weshalb es meist nur als Stick- oder Ziergarn erhältlich ist. Das können Sie ganz einfach selbst testen, wenn Sie ein Viskose- und ein Polyestergarn hintereinander versuchen, zu zerreißen. Für Nähte, die strapaziert werden, ist Viskose daher nicht geeignet. Zierstiche kann man dagegen sehr gut damit nähen und sie wirken mit Viskose schön brillant.

Baumwolle

Auch ein Baumwollgarn ist weniger reißfest als ein Polyestergarn, zumindest bei der gleichen Fadenstärke. Da es auch weniger dehnbar ist als Viskose oder Polyester, neigt es schneller zu Fehlstichen oder Schlaufen. Bei Baumwolle sollten Sie sich an die Einsatzempfehlung des Herstellers halten.

Die Stärke

Ein direkter Vergleich der Stärke von Näh- oder Stickgarn ist meist nicht möglich, da sie in anderen Werten angeben werden. Infos dazu haben wir bereits in unserem Garn-Beitrag. Zur Darstellung:

Obwohl eine höhere Nummer eigentlich auf geringere Stärke hinweist, ist BRILDOR PB 40 dünner als METTLER Seralon 100. Die Zahlen sollten nur innerhalb einer Garnsorte zum Vergleich herangezogen werden.

Glatt oder rau?

In den meisten Fällen ist Stickgarn glänzend und Nähgarn matt. Neben der Optik hat das aber noch einen anderen Grund:

Stickgarn ist für hohe Geschwindigkeit und Stichdichte ausgelegt, daher ist es sinnvoll, wenn es wenig fusselt und problemlos durch die Spannung und den Stoff gleitet.

Nähgarn ist im Vergleich dazu eher rau, es sieht zumindest so aus. Nennen wir es mal matt. In der Nahaufnahme sieht man kleinste abstehende Fasern.

Links: Stickgarn (GÜTERMANN Super Brite), Mitte und rechts: Nähgarn (Mitte MADEIRA Aerofil, rechts METTLER Seralon)

Das ist (nicht immer) ein Mangel, sondern eine gewünschte Eigenschaft. Das Garn bleibt dort, wo die Nadel es hingestochen hat. So lässt es sich am Nahtanfang und -ende optimal vernähen, das Stichbild bleibt bei Dehnung erhalten und reißt der Faden doch mal, geht die Naht nicht so schnell auf.

Jeder, der schon mal eine Naht mit Nähgarn und im Vergleich eine mit Stickgarn aufgetrennt hat, weiß, wovon wir reden.

Stickgarn zum Nähen, Overlocken oder Covern

Nähen mit Stickgarn

Hinweis: Wir haben Quilten nicht separat aufgeführt. Natürlich gelten alle Informationen rund um das Nähen auch für die Freihandtechniken beim Quilten.

Es ist also mit jedem Polyesterstickgarn problemlos möglich, zu nähen. Das ist vor allem dann praktisch, wenn man zum Beispiel eine ITH-Datei gestickt hat und dann noch etwas daran nähen muss. Vor allem bei Kombimodellen können Sie dann einfach das Garn in der Maschine lassen und weiterarbeiten (Sie können dann auch die Nadel drin lassen). Sieht man von der Naht die Rückseite, sollte sich auf der Spule aber auch gleich der passende Faden befinden.

Da Stickgarn aber meist dünner ist als Nähgarn, ist die Naht dann auch dünner. Für Nutzstiche, die auch etwas aushalten sollen, ist Polyesterstickgarn die erste Wahl. Für Zierstiche oder zum Quilten kann auch Baumwolle oder Viskose verwendet werden.

Zierstiche im Vergleich

Wir haben hier einen Zierstich mit verschiedenen Garnen genäht. Reihenfolge von oben nach unten:

Die Einstellungen und der Unterfaden waren bei allen Nähten identisch.

Geradstich im Vergleich

Hier sehen Sie einen normalen Geradstich im Vergleich, die Einstellungen waren ebenfalls identisch. Einfacher Geradstich:

Beim Dreifachgeradstich ist das Problem mit der Unterfadenspannung zu sehen, hier hätte beim Stickgarn die Oberfadenspannung reduziert werden müssen, da sich auf der Unterfadenspule Nähgarn befand.

Overlocken und Covern mit Stickgarn

Das gilt auch für die Anwendung in der Overlock. Hier bietet sich Stickgarn an, wenn die Naht besonders dünn sein soll. Optisch fällt sie dann aber wieder auf, da sie ja glänzt. Das Gleiche gilt auch fürs Covern. Vor allem im Greifer beim Nähen auf links oder im Deckstich kann man mit Stickgarn einen tollen Effekt setzen. Da es doch eher dünn ist, kann man hier auch mehere Fäden zusammen vernähen:

Im Deckstich kann dann auch Viskose- oder Baumwollstickgarn verwendet werden, in den Nadeln oder im Greifer besser nur Polyester.

Aber es geht hier ja nicht nur um die Zweckentfremdung von Stickgarn. Andersrum geht es auch:

Nähgarn zum Sticken, Overlocken oder Covern

Sticken mit Nähgarn

Meist geht hier um die Frage: „Mir fehlt eine Farbe beim Stickgarn, kann ich die auch durch Nähgarn ersetzen?“ Na klar! Allerdings wird diese Farblage sich nicht nur durch die Farbe von den anderen im Motiv abheben. Meist ist das Nähgarn dicker, tritt also mehr hervor. Und es ist matt. Genau das kann man aber auch als gewünschten Effekt einsetzen. Warum nicht mal verschiedene Garnsorten in einem Motiv mischen?

Aber bitte beachten:

Geht es um die Dichte der Stickerei, müssen Sie das einkalkulieren. Ein Motiv, das Sie auf Jersey sticken, kann mit normalem Nähgarn bereits zum Wellen führen, obwohl es mit Stickgarn gut klappt.

Wir haben hier ein kleines Motiv mit Steppstichen in verschiedenen Richtungen gewählt und mit 16 verschiedenen Garnen gestickt.

Auch im Geradstich wirken glänzende und matte Näh- oder Stickgarne verschieden:

Overlocken und Covern mit Nähgarn

Auch Overlocker und Coverstichmaschinen kommen gut mit Nähgarn klar. Meist ist Overlockgarn nur ein bisschen dünner als Nähgarn. Das ist möglich, weil bei der Overlock oder Cover die Nutzstiche aus mehr Garnen bestehen als bei der Nähmaschine, also jeder Faden weniger beansprucht wird. Nähgarn ist also wieder nur ein bisschen dicker und meist schneller leer, weil die Spulen kleiner sind.

Overlockgarn zum Sticken oder Nähen

Auch hier ist der Name zwar Programm, aber kein Befehl. Overlockgarn bedeutet, niedrigere Stärke, größere Spule. Bei einer guten Qualtität problemlos für andere Zwecke einsetzbar.

Unser Tipp:

GÜTERMANN Miniking und METTLER Seracor sind mit einer Stärke von 120 etwas dünner als Nähgarn, aber so stabil verarbeitet, dass sie sowohl als Overlockgarn als auch als Nähgarn verwendet werden können. Auf der 1000 m Miniking-Spule sind sie für den stehenden und den liegenden Ablauf geeignet und daher das ideale Basisgarne für alle Ihre Maschinen.

Sticken mit Overlockgarn

Mit einer Stärke von  125 entspricht Overlockgarn in etwa der Stärke 40 beim Stickgarn. Na, da kommt man doch auf eine Idee, oder? Klar, man kann auch mit Overlockgarn sticken. Eigentlich ideal, wenn es mal matt sein muss, aber nicht zu dicht werden darf. Die meisten Overlockgarne sind etwas faseriger auf der Oberfläche, es können sich also vermehrt Fusseln in der Maschine ansammlen. Aber als aufmerksamer Leser unseres nähRatgebers wissen Sie sicher bereits, wie Sie Ihre Maschine selbst reinigen und pflegen können.

METTLER Seralene (Mitte) ist ein glattes Overlockgarn, das im Vergleich zu METTLER Seracor (links) doch eher wie Stickgarn aussieht (GÜTERMANN Super Brite rechts). Also warum nicht mal mit Seralene sticken?

Hier muss allerdings einkalkuliert werden, dass es dünner ist als normales Polyesterstickgarn.

Zum Vergleich:

Grün: Frosted Matt, Weiß: Seralene, Dunkelgrün: Troja

Dunkelblau: Seracor, Grün: Trojalock, Blau: Gütermann Super Brite

Nähen mit Overlockgarn

Und natürlich kann man auch mit Overlockgarn nähen. Wie jetzt mehrfach erwähnt, es ist dünner. Wenn Sie das brauchen, nutzen Sie es. Allerdings sollte man in dem Fall bei besonders strapazierten Nähten (Schrittnaht, Taschenträger) doch lieber auf ein stabileres Garn zurückgreifen.

Den Vergleich für die Nutzstiche haben wir ja oben schon aufgelistet.

Tipp:

Auf der Homepage von Mettler gibt es eine Übersicht zu den Verwendungszwecken. Wenn Sie dort ein Garn auswählen, ist für jede Kategorie ein Punktesystem zu sehen. So ist ganz einfach zu erkennen, für was man ein Garn alternativ auch noch verwenden kann.

Was geht nicht?

Wir haben hier meist von den Standardgarnen geschrieben, es gibt ja aber mittlerweile eine reichhaltige Auswahl von Spezialisten. Bei vielen gilt die Devise, einfach mal probieren. Oft kommt es auch auf das Projekt an, was damit genäht wird.

Bauschgarne lassen sich nicht von allen Nähmaschinen verarbeiten, extrem dicke Garne wie MADEIRA Cotona 4 in der Nadel gar nicht. Als Bobbinwork dagegen schon. Und MADERIA Sensa Green wird vom Hersteller für Nutzstiche ausgeschlossen. Es ist einfach zu fein, um eine Jeans zusammen zu halten. Ähnlich verhält es sich auch bei Baumwollgarnen wie GÜTERMANN Cotton 30. Gerade in Multicolor sieht es auf einer Jeans wirklich gut aus, wird aber wohl das erste Tragen nicht überleben.

Bei Metallicgarnen gibt es Sorten, die fürs Nähen gedacht sind und welche zum Sticken. Ist das Garn als Stickgarn bezeichnet, können Sie auch damit nähen. Die Metallicgarne die als Ziergarne oder Nähgarn bezeichnet sind, eignen sich nicht zum Sticken.

Sie sehen also, es gibt nicht nur drei Arten von Garnen (Stickgarn, Nähgarn, Overlockgarn), sondern eine große Auswahl von Garnen, die Sie für Ihre Projekte nutzen können, wie Sie es möchten. Und die Auswahl ist ja wirklich reichhaltig, oder?

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2 days ago

Wenn eine Reißverschlusstasche nicht gefüttert werden muss, kann man einen Endlosreißverschluss einfach wie eine Paspeltasche nähen. Klingt komisch? Geht aber ganz einfach!
Hier könnt ihr die Vorgehensweise nachlesen:
www.naehratgeber.de/endlosreissverschluss-wie-eine-paspel-einnaehen-92999/
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Wenn eine Reißverschlusstasche nicht gefüttert werden muss, kann man einen Endlosreißverschluss einfach wie eine Paspeltasche nähen. Klingt komisch? Geht aber ganz einfach! 
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Blumen gehen auch winterlich 😄
In unserem neuen Beitrag in der Kategorie Sticksoftware zeigen wir, wie man auch mit dem Composer von Hatch eine Fringe-Blume erstellen kann. Dazu braucht es nur die passende Grafik, die ihr in dem Beitrag auch gleich runterladen könnt.
Ihr kennt Fringe noch nicht? Auf www.naehratgeber.de findet ihr bereits jede Menge Beiträge zu dieser Sticktechnik und wenn ihr ein gemeinsames Einstiegsprojekt braucht, schaut euch unsere Spendenaktion für Debra Austria an, hier sticken wir gemeinsam einen Fringe-Schmetterling. Ihr seht ihn hier in unserem Feed.
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