Immer den passenden Titel für einen Beitrag zu finden, ist gar nicht so einfach. Wie verpackt man in möglichst kurzer Form: „Wenn Sie eine Nähmaschine mit Horizontalgreifer haben und bei dicken Stellen gibt es ausgelassene Stellen, stellen Sie doch einfach von Nadelpostion Mitte auf links um!“?
Wir hoffen mal, dass möglichst viele Nähmaschinenbesitzer diese Info entweder schon kennen oder jetzt erfahren und dann am besten auch fleißig teilen. Denn in den meisten Fällen hören wir das Problem so:
„Alles hat geklappt, jetzt nur noch den Reißverschluss an der Softshelljacke absteppen. Aber die Nähmaschine lässt ständig Stiche aus! Ich habe schon die Nadelsorte gewechselt, ohne Stylefix gearbeitet, gebügelt, Fadenspannung und Stichlänge verändert, aber es klappt einfach nicht.“
„Ich nähe einen Rucksack und will nur noch die Träger mit dem Hauptteil verbinden. Klar, hier kommen viele Lagen zusammen, aber die Maschine bringt die Nadel doch durch! Es entsteht nur kein Stich!“
Es ist also Voraussetzung, dass die Nadel durch die vielen Lagen kommt. Eine Nähmaschine hat auf der linken Seite nicht mehr Kraft als in der Mitte, es geht nur darum, dass Ober- und Unterfaden nicht verbunden werden.
Das Problem lässt sich an unserem Beispielmodell BROTHER Innov-is F560 relativ einfach simulieren. Wir schichten Neopren übereinander und schlagen es in Nylon ein. Das Paket geht gerade noch so unter den Nähfuß. Die Nähmaschine bringt die Nadel problemlos durch, aber es werden immer wieder Stiche ausgelassen (linke Naht).
Wenn man das bei seinem eigenen Projekt erlebt, fängt man meist an, verschiedene Lösungen abzuarbeiten:
- Andere Nadelsorte
- Andere Nadelstärke
- Vlies unterlegen
- Lagen vorher pressen
- Stichlänge erhöhen
- Fadenspannung ändern
- Nähfußdruck ändern
- Anderer Nähfuß
Was bringt die Nadelstellung ganz links?
Viele Kunden und Leser freuen sich über den Tipp, aber dann folgt prompt die Frage: Warum ist das so?
Auch wir (in der Redaktion) sind keine Nähmaschinentechniker. Wir sind Anwender. Viele Hobbybastler beschäftigen sich intensiv und gerne mit der Funktionsweise einer Nähmaschine und können sie teilweise komplett zerlegen und auch funktionsfähig wieder zusammenbauen. Sie könnten, wie unserer Techniker, bestimmt erklären, wo der Unterschied genau liegt. Das würde allerdings auch ein bisschen ausufern und wird dann wohl etwas zu technisch und zu lang. Aber um gut Auto fahren zu können, muss man ja auch keines bauen können.
Man kann aber viel über seine Nähmaschine erfahren, selbst wenn man nur die Bereiche öffnet, die für den Endverbraucher zum Öffnen gedacht sind.
In diesem Fall reicht es, den Nähfuss, die Stichplatte und die Spulenkapsel zu entfernen. Hier möchten wir noch darauf hinweisen, dass dieser Trick nur für Horizontalgreifer mit Spulenkapsel gilt. Also, wie hier auf dem Bild zu sehen, eine liegende Kapsel, in die die Spule von oben eingelegt wird.
Bei stehenden Greifern, wie zum Beispiel dem B9-Greifer von BERNINA, ist die optimale Position in der Mitte.
Timing ist alles
Damit sich ein Stich bildet, müssen Ober- und Unterfaden miteinander verschlungen werden. Hat man oben Fehlstiche, hat also unter der Stichplatte die Verschlingung nicht stattgefunden.
Damit die Verschlingung gelingt, müssen Nadel und Greiferspitze zu einem bestimmten Zeitpunkt aneinander vorbei gleiten. Das nennt man auch Timing.
Das können Sie an Ihrer Nähmaschine beobachten. Vergleichen Sie die Nadelpostion Mitte mit links, wenn die Nadel am Tiefpunkt steht. Um diesen zu erkennen, können Sie am Handrad etwas hin und her drehen.
Dann drehen Sie weiter, bis die Greiferspitze hinter der Nadel vorbei läuft.
Solange der Nähfuß oben normal über den Stoff läuft, schafft die Maschine die Verschlingung an jeder seitlichen Position. Aber wenn es dicker wird, steht der Nähfuß höher und übt daher weniger Druck auf das ganze Paket darunter aus. Teilweise ist es manchmal ja so dick, dass die Nadelhalteschraube schon mal den Nähfuß berührt. Das alles macht sich dann auch unter der Stichplatte bemerkbar. Gerade Softshell in Kombination mit einem Reißverschluss ist ein schwer zu druchdringendes Material, der Faden wird dabei vor und hinter dem Öhr sehr straff geführt.
Mit der Nadelposition links hat der Unterfaden dann einfach mehr Chancen, den Oberfaden zur richtigen Zeit zu erwischen, weil die Verschlingung zu einem anderen Zeitpunkt stattfindet.
BROTHER Nähmaschinen starten mit links
Nein, das betrifft nicht nur Modelle von BROTHER. Auch viele Modelle von JANOME, PFAFF, HUSQVARNA VIKING und JUKI haben einen Horizontalgreifer. Aber wenn Sie eine Nähmaschine von BROTHER haben, ist Ihnen bestimmt aufgefallen, dass die ab Werk immer mit der Nadelposition links starten. Das kann man auf Mitte umstellen. Aber es wird schon seinen Grund haben, warum der Hersteller das so programmiert.
JANOME Profi-Geradstichzubehör
Bei JANOME gibt es verschiedene Zubehörteile für den Geradstich, aber alle haben gemeinsam, dass dann auf der linken Seite genäht wird:
PFAFF
Auch PFAFF gibt einen Hinweis auf die Nadelpostion links. Die spezielle Spulenkapsel für den Geradstich, die zum Beispiel bei der Performance Icon mitgeliefert wird.
Wir hoffen, unser Tipp hilft hin und wieder, noch ein bisschen mehr aus Ihrer Nähmaschine herauszuholen und geben Sie ihn gerne weiter!
10 Antworten auf „Fehlstiche an dicken Stellen? So kann man sie vermeiden!“
Das ist ja unglaublich, einfach die Nadel nach links und schon klappt‘s….
Ich war total verzweifelt und habe mein Nähprojekt (Filz-Tasche) schon aufgegeben, hatte den dicken Filz sogar durch die Nudelpresse gedreht, mit dem Hammer drauf gehauen, aber nichts hatte geholfen, die Stiche wurden immer wieder ausgelassen.
Ich danke euch soooo sehr für euren Beitrag!!!
Freut uns, wenn wir helfen konnten!
Ich nähe nur zur Reparatur und benötige nur selten Stichveränderungen. Jetzt holt der Oberfaden den Unterfaden nicht und der Unterfaden macht nur Schlaufen. Was mache ich verkehrt?
Hallo!
Das kann verschiedene Ursachen haben. Das Erste, was man testen kann, wäre eine neue Nadel, eine dickere Nadel, andere Spule und dann gründliches Reinigen des Greifers. Falls das nicht hilft, am besten den Händler/die Werkstatt kontaktieren.
Viele Grüße,
das nähRatgeber-Team
Von Herzen Dankeschön
Wäre fast verzweifelt, beim kürzen der Softshellhose meines Mannes.
Fehlstiche,bzw.gar keine Stiche, einfach schlimm.
Dann der Tipp mit der Nadel nach links, siehe da,eine perfekte Naht.
Warum auch immer,aber egal, Hauptsache es klappt.
Ich hab es noch nicht ausprobiert, aber es hört sich schlüssig an. Werde ich das nächste Mal versuchen! Das ist wirklich meine letzte Hoffnung! DANKE!!!
Was soll ich jetzt dazu sagen!? Mir fallen keine anderen Worte ein als, Danke, Danke, Danke! Ihr habt mein Projekt gerettet! Ein mehr als simpler Tipp, allerdings mit unglaublichem Ergebnis!
Das freut uns natürlich sehr! Viel Spaß weiterhin beim Nähen.
Ihr Team vom nähRatgeber
Hallo, waren sehr gute Tips, wenn die Maschine Stiche auslässt. Aber was mache ich, wenn die Maschine die Stichposition nicht wechseln kann, wie bei meiner schon etwas älterer pfaff Variation 6085. ich hatte bei meiner letzten Nähaktion genau das Problem. Obwohl es auch noch nicht einmal sehr dicker Stoff war. (Folienstoff für Karnevalskostüme)Hab da auch verschiedene Nadeln, Garne und Nähfüße probiert. Das Problem trat leider trotzdem immer auf. Bin da ehrlich gesagt ein bisschen verzweifelt.
Hallo!
Die Pfaff Varimatic 6085 hat keinen Horizontalgreifer, daher würde auch die Nadelstellung links keine Besserung bringen. Hier könnte vielleicht ein Service Abhilfe schaffen.
Viele Grüße
Ihr Team vom nähRatgeber